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Wie lebensfeindlich sind Seen unter dem antarktischen Eis wirklich?

Geschrieben von Dr. Frank Frick am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Unter dem antarktischen Eis sind bislang mehr als 400 Seen entdeckt worden – vom renommierten Fachjournal Nature einst als „das grösste unerforschte Ökosystem des Planeten" bezeichnet. Einer neuen theoretischen Studie zufolge könnten in diesen Seen Bedingungen herrschen, die mikrobielles Leben mehr begünstigen als bisher angenommen.

ellsworth mountainsEllsworth Mountains, auf dem Weg zum subglazialen Lake Ellsworth. (Bild: Peter Bucktrout, British Antarctic Survey)

Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass in Seen unter dem Eis eine wichtige Zutat fehlt, damit sich darin Mikroorganismen ausbreiten können: die Durchmischung des Wassers. Denn Nährstoffe und Sauerstoff, die zusammen mit Schmelzwasser von oben eingetragen werden könnten, würden sich in einem bewegungslosen See nicht verteilen – genauso wenig wie Mineralien aus dem Sediment am Seeboden. Somit könnten Mikroben, die auf Nährstoffe und Sauerstoff angewiesen sind, allenfalls in sehr begrenzten Wasserschichten leben.

In Seen an der Erdoberfläche durchmischt zum einen der Wind das Wasser und zum anderen die Sonne. Denn sie erwärmt das Wasser an der Oberfläche stärker als in der Tiefe. Dadurch kommt es zu einer natürlichen Strömung, der Konvektion, um die Temperaturunterschiede auszugleichen. Da auf Seen unter dem Eis weder Sonne noch Wind einwirken, können sie auch keine Durchmischung des Wassers verursachen.

Doch Forscher der Universität Claude Bernard Lyon 1, des British Antarctic Survey und des Londoner Imperial College haben jetzt berechnet, dass die vorhandene geothermische Wärme genügt, um Konvektionsströme in den meisten subglazialen Seen zu verursachen. Mehr noch: Diese Strömung reicht aus, um kleine Sedimentpartikel in der Schwebe zu halten und den Sauerstoff zu verteilen.

„Bei der berechneten dynamischen Wasserströmung kann der gesamte Wasserkörper bewohnbar sein, auch wenn sich mehr Leben auf die Böden konzentriert“ sagt Forschungsleiter Dr. Louis Couston. „Das verändert unser Verständnis davon, wie wir in Zukunft planen könnten, diese Lebensräume zu beproben, wenn ihre Erkundung stattfindet.“

Inwieweit die Vorhersagen der Forscher tatsächlich zutreffen, könnte sich schon bald zeigen. Denn ein Team aus Grossbritannien und Chile plant, in den nächsten Jahren einen seit Millionen von Jahren isolierten See namens Lake CECs zu erkunden und dabei Proben aus den verschiedensten Wassertiefen zu nehmen.

Quellen:
Imperial College London
Science Advances 2021, 7: eabc3972